Wertschätzung höher in der Schweiz

| 19 Juli 2016 | 0 commentaire

AIGLE/MARKGRÄFLERLAND. Der Gutedelwettbewerb Mondial du Chasselas, der seit 2012 im waadtländischen

Aigle le 3 juin 2016 Château d'Aigle dans le cadre du Mondial du Chasselas  dégustation du jury  ©2016,studio edouard curchod, tous droits réservés

Aigle le 3 juin 2016 Château d’Aigle dans le cadre du Mondial du Chasselas dégustation du jury ©2016,studio edouard curchod, tous droits réservés

Aigle kontinuierlich steigende Teilnehmerzahlen verzeichnet, ist auch für die Markgräfler Weinerzeuger interessant. Stammt doch die Rebsorte ursprünglich vom Genfer See. Für den Müllheimer Önologen Armin Sütterlin, Mitglied in der 84-köpfigen Verkostungs-Jury und Mitglied im Beirat des Markgräfler Wein e.V. könnte der Mondial du Chasselas in einigen Punkten für die Badische Weinwirtschaft ein Vorbild sein. Unsere Mitarbeiterin Dorothee Philipp sprach mit ihm über die Beziehungen von Baden zum Weinland Schweiz.

BZ: Eigentlich haben die Schweizer mit ihrem Mondial du Chasselas ja beim Markgräfler Gutedel-Cup abgekupfert…
Armin Sütterlin: Man könnte sagen, der Impuls ging von Badenweiler aus, als beim Gutedel-Cup eine neue Kategorie “ausländische Weine” eingeführt wurde. Da hatten wir von Anfang an gute Kontakte ins Waadtland. Man muss auch sagen, dass es in ganz Deutschland keine Region gibt, die sich so mit einer einzigen Weinsorte identifiziert wie wir hier mit dem Gutedel. Wir haben den Cup, den Gutedeltag, den Gutedel-Wandertag und viele andere Veranstaltungen, in denen diese Weinsorte im Mittelpunkt steht. Das hat den Schweizern imponiert. 2010 gründeten sie in Aigle die Vereinigung zur Förderung des Chasselas, 2012 folgte der erste Wettbewerb.

BZ: Und war gleich ein Riesenerfolg.
Sütterlin: Mit einer stabilen Zahl potenter Sponsoren und staatlicher Unterstützung hat der Mondial du Chasselas eine gute Basis. Dazu kommt, dass die Weinproduzenten auf ein ganz anderes Marketingkonzept setzen als wir.

BZ: Was machen die anders?
Sütterlin: Es schmerzt mich immer, wenn ich irgendwo einen Gutedel für drei bis vier Euro im Supermarktregal sehe. Das ist in der Schweiz überwiegend anders. Hier erfährt der Wein eine viel höhere Wertschätzung, die sich auch im Preis niederschlägt. Und natürlich muss die Qualität stimmen. In der Schweiz wird der Wein auch viel gezielter vermarktet. Der meist verkaufte Gutedel der Welt ist der Chasselas “Aigle les Muraille” von Badoux mit 680 000 Flaschen pro Jahr. Für um die 20 Schweizerfranken pro Flasche, derzeit im Sonderangebot für 17,80.

BZ: Dann können die Markgräfler beim Mondial du Chasselas etwas lernen?
Sütterlin: Auf jeden Fall können die Produzenten aus dem Markgräflerland sehen, dass die Gutedelweine in der Schweiz ein ganz anderes Image haben. Dort ist ja auch die Anbaufläche viel größer als bei uns. Sie liegt bei rund 4000 von insgesamt 15 000 Hektar.

BZ: Aber bei den Edelsüßen haben die Markgräfler offenbar die Nase vorn.
Sütterlin: Die Schweizer haben da bisher meist zum französischen Sauternes oder Monbazillac gegriffen, sie machen aber jetzt selbst schon sehr gute Edelsüße. Und von den Teilnehmern aus dem Markgräflerland haben sie gelernt, was man aus Gutedel alles machen kann.

BZ: Auch bekömmliche leichte Weine, wie die neu eingeführte Kategorie “Swing” beim Wettbewerb gezeigt hat.
Sütterlin: Ja, sicher. Von unseren “grünen Markgräflern” waren sowohl die Schweizer Produzenten als auch die Verbraucher begeistert. Da hat sich ein gutes Konzept entwickelt. Aber zum Beispiel bei der Kultivierung der alten Jahrgänge sind wir weit abgeschlagen. Unsere Gutedel werden meistens im Alter von einem bis zwei Jahren getrunken, das ist auch ein Stück weit Verkaufspolitik. Dabei eignet sich ein sorgfältig ausgebauter Gutedel mit einem vernünftigen Extraktgehalt sehr wohl, als gereifter Wein einen großen Auftritt zu haben. Die Jury durfte abends zehn Chasselas aus dem Archiv eines Weinguts verkosten, der älteste aus Jahrgang 1971. Acht dieser Weine waren schlichtweg grandios.

BZ
: Was würden sie den Markgräfler Weinerzeugern ins Stammbuch schreiben?

Sütterlin: Qualität fängt im Weinberg an. Und da muss der Ertrag noch mehr reduziert werden. Würden unsere Betriebe ihre Auszahlungspreise rigoros an die angelieferte Qualität knüpfen und mehr hochpreisige Selektionsweine produzieren, würde das viel helfen. In den Hauptanbaugebieten des Chasselas liegt der Ertrag bei etwas über einem Kilogramm pro Quadratmeter. Was in dem von uns viel beneideten Südtirol und in der Schweiz funktioniert, müsste eigentlich auch bei uns machbar sein. Und dann müsste das Weinmarketing noch enger an den Tourismus angebunden sein. Aber bei uns gibt es viel zu viele Einzelverbände und viel zu viele Einzelinteressen. Ein guter Ansatz war die Werbegemeinschaft Markgräflerland, aber die ist inzwischen ja auch nur noch ein Stückwerk.

Zur Person: Armin Sütterlin (58), geboren in Müllheim, ist gelernter Kellermeister. Er war von 1974 bis 1997 im Badischen Winzerkeller Breisach und danach bis 2007 Kellermeister in der Ersten Markgräfler Winzergenossenschaft Schliengen-Müllheim, bevor er als Betriebsleiter an das Kaiserstühler Weingut Abril wechselte. Seit 2015 ist er önologischer Berater im “Weingut zum Sternen” im aargauischen Würenlingen. Er war 15 Jahre Vorstandsmitglied der “Internationalen Vereinigung für Oenologie, Betriebswirtschaft und Weinmarketing”, wo er nationale und internationale Kontakte knüpfen konnte.

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Category: Mondial du Chasselas 2016

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